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seine Urteilskraft darauf verwenden, zu entscheiden, ob er es tut oder nicht.« Dorn sah Duun sehr lange an. Sein Inneres schmerzte. »Ja«, sagte er. »Erinnere dich immer an diese Lektion! Tu, was ich dir ge- sagt habe. Eines Tages wirst du klug genug sein, Probleme zu lösen. Bis dahin führst du besser keine herbei, hörst du?« Duun streckte die Hand aus und packte Dorn fest an der Schulter. »Hörst du?« »Ich habe verstanden.« Duun ließ ihn wieder los. -102- ACHTES KAPITEL »Es war sicher nicht hilfreich«, meinte Ellud, während der Bericht auf seinem Schoß leuchtete. Er warf ihn zur Seite, und das Optikblatt drapierte sich über den Stapel richtiger Papiere und leuchtete weiter mit seinen geisterhaften, belastenden Buchstaben. »Ich habe meinen Mitarbeiter gescholten. Ich weiß gar nicht, warum ich ihn ausgesucht habe. Aber verdammt, Duun, du hast ihn angenommen!« »Wegen seiner Fehler ebenso wie wegen seiner Vorzüge«, sagte Duun. »Ich habe nie Vollkommenheit erwartet. Ich wollte sie auch gar nicht. Darum habe ich es bei deiner Auswahl be- lassen.« »Verdammte Hatani-Tricks«, sagte Ellud nach einem Mo- ment des Schweigens. »Ich verstehe dein Vorgehen. Aber es gefällt mir nicht bei meinen Mitarbeitern. Cloen hätte getötet werden können!« »Ich habe nicht damit gerechnet. Und ich hatte recht damit.« »Es steht im Bericht, was passiert ist. Der Vorfall ist zu gut bezeugt. Ich kann ihn einfach nicht ungeschehen machen. Und bei all der Herumschnüffelei von seiten des Rats wünschte ich bei den Göttern, daß ich es könnte!« »Was passiert ist, ist meine Schuld. Kraft ohne Disziplin. Ur- sprünglich hatte ich auch mit zwei weiteren Jahren auf Sheon gerechnet. Haras war diszipliniert. Ich werde dir etwas erzäh- len, was eigentlich offensichtlich sein sollte: Die Lösungen, die Hatani für Probleme finden, sind zu umfassend für einen jun- gen Verstand. Seine Moral reicht aus, um seine Kraft zurück- zuhalten, aber nicht, um sie einzusetzen.« »Ihn zu einem Hatani zu machen ... Duun, genau das ist es, was dem Rat Angst macht ...« »Ich weiß.« »Ich hielt es für eine Redensart. Dachte, das wäre einfach al- les, was du ihm beibringen könntest. In dem Bereich kanntest -103- du dich aus.« »Jetzt komm aber!« »Na ja, ich dachte, du würdest es so halten, weil es dir so leichter fällt. Aber du hast vor, es konsequent zu Ende zu füh- ren. Wenn dem Rat entsprechende Gerüchte zu Ohren kommen ...« »Versuch, diskret zu sein.« »Wenn sich die Gilde etwas ausdenken könnte -irgend etwas Schlaues, einen Zwischenstatus für ihn ...« »Es gibt keinen Zwischenstatus. Soll ich ihm vielleicht geben, was ich ihm nun einmal gegeben habe - mit nichts als Zurück- haltung, um damit umzugehen? Nein!« Ellud streckte eine Hand aus und schaltete den Recorder ab. Sein Gesicht zeigte Bestürzung und Angst. »Um der Götter willen, Duun! Hast du den Verstand verloren? Worauf willst du eigentlich hinaus? Worauf willst du hinaus, Duun?« »Shbit wird meinen Brief inzwischen erhalten haben. In der Ratsecke sollte es jetzt ruhiger werden.« Für kurze Zeit war es still, aber nicht gemütlicher. »Was hast du ihm mitgeteilt?« »Ich habe ihm meinen Gruß entboten. Ich habe ihn zu seiner Ratsberufung beglückwünscht. Ich habe ihm Gesundheit ge- wünscht. Dann habe ich unterschrieben. Ein einfacher Brief. Shbit hat nicht geantwortet. Ich rechne damit, daß die Schwie- rigkeiten, die du mit der Versorgung hast, sich klären - zwar langsam, aber ich rechne wirklich damit, daß sie sich klären.« »Du bist nicht mehr der Mann, den ich kannte.« Ellud fum- melte am Saum seines Kilts herum. »Ich weiß nicht, wie ich dich noch verstehen soll.« »Alter Freund, du hattest ausreichend Mut, um so lange im Amt zu bleiben. Ich vertraue darauf, daß du es auch weiterhin schaffst.« »Das muß ich wohl. Ohne dieses Amt bin ich ein ungedecktes Ziel. Sie würden sich auf mich stürzen, Shbit und seine Leute. Verdammt, ich habe gar keine Wahl! Sie würden mich bei le- bendigem Leibe verschlingen!« -104- »Ich bin ja da. Verlaß dich auf mich!« Ellud starrte ihn an. »Hat Cloen dich geschlagen?« wollte Duun wissen, als Dorn nach Hause kam. Duun lehnte locker unter der Tür zu seinem Büro, die Ohren aufgerichtet. »Nein«, sagte Dorn. In seiner Stimme klang keine Be- friedigung mit. (Wieviel hast du unter Kontrolle, Duun? Kennst du die Antwort bereits? Weißt du immer schon alles?) Duun gab ihm keinerlei Hinweis. »>Cloen >was ich getan habe, war verkehrt. Wenn du willst, darfst du mich jetzt einmal schlagen. zurückgelegt, und hob dann die Hand zu einem Nein. Und er entfernte sich und ging an seine Arbeit.« Duun drehte sich um und ging in sein Büro zurück. »Duun?« Dorn folgte ihm bis zur Tür. Duun setzte sich und schaltete den Computer ein. »Duun, habe ich getan, was du wolltest?« »Hast du es getan?« Dorn schwieg einen Moment lang. »Ich habe es versucht, Duun.« »Höre ich vielleicht >ich kann nicht »Nein, Duun.« Die Geräusche wurden weniger schwierig. Dorn arbeitete mit geschlossenen Augen, bewegte nur die Lippen bei der Wiederholung dessen, was das Band sagte. Als er es erneut abspielte, war es dasselbe. »Es hört sich gleich an«, meinte Cloen. »Ich kann keinen Unterschied feststellen.« Cloen war vorsichtig seit jenem Tag. Sein Gesicht verriet nie mehr etwas anderes als Respekt. Und Furcht. Das auch. »Dann bin ich damit fertig.« »Mit dem schon.« Cloen leckte sich die Lippen und wirkte zaghaft. »Sie haben noch eines geschickt.« Und er fügte schnell hinzu: »Aber das ist nicht meine Schuld!« Dorn konnte nicht anders, als ihm glauben. Cloen sah nicht aus, als ob er lüge. Cloen zog die Cassette aus seinem Beutel -105- und reichte sie Dorn. »Chemie gefällt mir besser«, brummte Dorn. Er kam besser mit den anderen aus seit dem Tag, als Cloen darauf verzichtet hatte, ihn zu schlagen. Er brachte es jetzt fertig, solche Dinge zu sagen und alltägliche Bedürfnisse anzusprechen, wie sie es auch taten. Er legte dieses Verhalten beim Eintreten an und beim Hinausgehen wieder ab. Er hatte den Eindruck, daß sie sich auf diese Weise auch ihm gegenüber lockerer fühlten. Manchmal konnte er mit ihnen zusammen lachen, weil er sich selbst davon überzeugt hatte, daß er nicht Gegenstand dieses Lachens war. Oder falls er es doch gewesen wäre, hätte es kaum Folgen gehabt. (Aber ich hasse diesen Laut-Unterricht! Ich hasse diesen Un- fug! Ich glaube, daß sie mir dieses Zeug gern aufbürden. So können sie dem Hatani einen Streich spielen, jemandem, den sie auf keine andere Weise schlagen können. Ich spiele auch Streiche. Ich kann den Computer dazu bringen, daß er Sphitti etwas ausdruckt, mit dem Sphitti nie gerechnet hat. Er hält es für witzig. Ich wünschte, ich könnte mich mehr mit Physik be- schäftigen und weniger mit dem Zeug hier!) (Ich wünschte, Betan wäre hier bei mir, anstatt Cloen.) (Ich wage nicht daran zu denken. Duun würde mir den Arm brechen!) »Danke«, sagte er trocken und schob die neue Cassette in das Gerät. Cloen ließ ihn allein. Sie entwickelten sich auch sonst ausein- ander. Dorns Schultern wurden breiter. Dem armen Cloen blie- ben seine Säuglingsflecken erhalten. Betan war für eine Zeitlang nicht da. (»Es ist Frühling«, sagte Elanhen, und Dorns Gesicht wurde heiß. »Sie hat ein hemmen- des Mittel eingenommen, will jetzt aber doch Urlaub machen. Danach kommt sie zurück.«) »Es ist Frühling«, sagte Duun an jenem Abend. »Ich gehe da- von aus, daß Betan Urlaub genommen hat.« »Ja«, sagte Dorn. Er hielt die Ddkin auf den Knien und stimmte sie. Ihm wurde innerlich ganz kalt, aus Gründen, die er -106- nicht offen erklären konnte, abgesehen davon, daß Betan ihm
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